Was ist die „Nachhaltigkeits-Pyramide“?
Die sogenannte „Nachhaltigkeits-Pyramide“ symbolisiert, wovon man im Interesse eines guten Umganges mit Ressource eher viel, und wovon man nach Möglichkeit eher wenig Gebrauch machen sollte.
Da die Nachhaltigkeits-Pyramide kein geschützter Begriff ist, wird sie in verschiedenen Publikationen leicht unterschiedlich dargestellt. Im Prinzip geht es aber immer darum, dass zuerst das Vorhandene umfassend genützt werden soll (die große Basis der Pyramide) und erst ganz am Schluss der Möglichkeiten ein Neukauf stehen sollte (die kleine Spitze der Pyramide):
1. Nutze, was Du bereits hast.
Das ist die große Basis. Hier fallen keine neuen Kosten an, es braucht keine Energie für Neuproduktion, Recycling oder Entsorgung. Denn alles, was benützt wird, landet nicht im Abfall. Selbermachen (DIY) und Upcycling mit vorhandenen, eigenen Ressourcen ist ein kreativer, spannender Zugang, um trotzdem immer wieder „neue“ Gegenständen, „neue“ Kleidung und vor allem viele neue Ideen aus all seinen Schätzen zu generieren.
2. Repariere oder lasse reparieren, was kaputt wird.
Selber etwas zu reparieren (DIY) oder es vom Profi reparieren zu lassen, hält Dinge und Ressourcen länger im Umlauf. Das verzögert ihr ende auf dem Müllberg ebenso wie den Einsatz von Ressourcen für Neuanschaffungen.
Dass das Reparieren(-lassen) nicht immer einfach möglich ist, stimmt leider. Ebenso, dass billigst produzierte Massen- und Wegwerf-Ware oft als „günstigere“ Alternative erscheinen wollen.
Gesamtheitlich betrachtet gilt aber jedenfalls: Lieber etwas mehr Geld für Dinge ausgeben, die im Bedarfsfall reparierbar sind bzw. für die es Ersatzteile gibt – anstatt wegen eines kleinen Defektes gleich einen neuen Geschirrspüler (Fernseher, Staubsauger, etc.) zu brauchen.
3. Selbermachen.
Das DIY ist generell gut – besonders mit vorhandenen Ressourcen, aber auch, wenn man dafür das ein oder andere zusätzlich kaufen muss. Selbermachen enthält die große Belohnung, dass man das Ergebnis seiner Arbeit direkt erlebt. Bei allem, was man selber macht, lernt man etwas dazu – und kann sich künftig noch besser helfen („Ermächtigung“). Das Selbst-Hergestellte hat keine lange Anlieferung hinter sich (außer man ordert die Einzelteile in China …) und meistens entfällt ein Gutteil an Verpackung (außer man bestellt die Einzelteile …).
4. Tausche, borge, schenke.
Die gemeinschaftliche bzw. geteilte Nutzung von Ressourcen ist wahrlich nichts neues: Genossenschaften tun das seit jeher, etwa wenn sich mehrere Landwirte einen Fuhrpark teilen. Oder, auch privat: Die Vereinshütte mit Werkzeug zum Ausleihen im Kleingartenverbund, Kleidertausch-Partys unter Freundinnen und vieles mehr. Bekannte borgen oder schenken einander gelesene Bücher, selten benötigte Gegenstände werden ebenfalls im Freundeskreis bei Bedarf zur Verfügung gestellt. Schließlich brauchen nicht alle gleichzeitig einen wasserfesten Seesack, den elektrische Fuchsschwanz, einen Feuerkorb oder den Oversized-Schrankkoffer. Wenn man weiß, wo im Umfeld etwas zur Verfügung steht, spart man viel an Anschaffungskosten und noch mehr an Stauraum.
Eine Variante davon: Vieles kann man sich auch in mittlerweile entstehenden „Library of Things“, also Büchereien der Dinge, gegen eine geringe Leihgebühr ausborgen. Bongo-Trommeln zum Ausprobieren, Spezial-Werkzeug, Sportgeräte . . .
5. Gebrauchtes kaufen.
Vorausgesetzt, die Qualität stimmt, ist Second-Hand eine rundum schlaue Sache. Gebrauchte Gegenstände sind billiger als neue und für die Kaufenden trotzdem „neu“. Sie existieren bereits (sprich: es braucht keine zusätzlichen Ressourcen für die Produktion) und wer gebraucht kauft, verlängert Lebenszyklen von Gegenständen. Das wiederum verkleinert den Müllberg. Eine gute Sache also.
Neben etlichen Second-Hand-Läden für Kleidung oder Flohmärkten und Gebrauchtwagenhändlern haben sich online eine Reihe an Plattformen etabliert, auf denen man so gut wie alles auch gebraucht kaufen kann.
6. Neues kaufen.
Auch im Kauf von Neuem liegt ein großes Potential für jeden, der sein Leben – und damit ein bisschen auch die Welt – ab und zu gerne in die Hand nimmt. Falls man es sich leisten kann – sowohl in punkto Zeit als auch in Punkto Geld –, dann lässt sich beim Einkaufen auch ein Statement setzen. Z.B. mit der Bevorzugung von guter, fair produzierter Ware; von Ware, die nicht in einer überdimensionalen Fake-Verpackung daherkommt; von Ware, die nicht um die halbe Welt geflogen oder geschippert ist; und von hochwertiger Ware, die (wahrscheinlich) länger hält bzw. reparaturfreundlich gestaltet ist.
Text ♥ lui © Illustration: lui
P.S.: Übernommen wurde die Darstellung in Pyramidenform vom Modell der „Bedürfnispyramide“ des US-Psychologen Abraham Maslow (1908–1970). Er postulierte, dass die Bedürfnisse von Menschen einer Hierarchie unterliegen. Zugespitzt ausgedrückt: Wer ums nackte Überleben kämpft, der denkt nicht an Selbstverwirklichung. Die Basis der Maslowschen Bedürfnispyramide ist also körperliche Integrität und existenzieller Schutz des Menschen, erst wenn das gegeben ist, setzen individuelle Wünsch und Selbstverwirklichung ein.